Stoffe

Klaus Kordon hat Geburtstag

80 wird der Berliner Schriftsteller am 21. September. Als Chronist deutscher – und deutsch-deutscher – Geschichte hat er im Kinderbuch alles erreicht und ist, neben Paul Maar und Kirsten Boie, einer der letzten Vertreter einer Generation prägender Autoren.

Wenn nicht sein Name, sind es die Titel seiner Bücher, die heute Erwachsene jeden Alters genauso wie Kinder und Jugendliche nicken lassen: „Brüder wie Freunde“, „Ein Trümmersommer“, „Das Karussell“, „Auf der Sonnenseite“. Früher oder später taucht Klaus Kordon als Lektüre im Unterricht auf. Seine Art, die Ereignisse der jüngsten deutschen Geschichte aufzugreifen, fesselt das Publikum seit vier Jahrzehnten. Warum? Weil diese Geschichte größtenteils auch seine ist; Nachkriegszeit, deutsche Teilung und Wiedervereinigung, alles hat Klaus Kordon als Zeitzeuge miterlebt. Lange blickte er darauf als der Junge aus Berlin-Prenzlauer Berg, der er einmal war, dessen Mutter eine Eckkneipe führte und der in kurzen Hosen durch die Hinterhöfe streifte, vorbei auch an jenem Keller, an dessen Aufgang jemand mit Kreide „Klaus ist doof“ gekritzelt hatte. Gemeint gewesen sei er damals; eine Anekdote, die Kordon auf Lesungen gerne weitergibt. Was es damals mit ihm gemacht hat, lässt er offen. Wahrhaftiger spricht er über das kleine Blechspielzeug, ein Karussell, das seine früh verstorbene Mutter von seinem Vater geschenkt bekommen hatte. Klaus Kordon machte es zum Symbol des gleichnamigen Romans und die Hauptfigur Manfred Lenz zu seinem Alter Ego. In vielen seiner Bücher geht es um Trennung und Verlust und darum, wie man nach Brüchen Neuanfänge schaffen kann und lernt, seinen Weg zu gehen. Im Jugendbuch ist das ein (überlebens-)wichtiges Narrativ.

Es waren nicht immer schöne Erfahrungen, aber sie haben dafür gesorgt, dass Klaus Kordons Bücher so authentisch sind. Seit 35 Jahren lebt er wieder in seiner Geburtsstadt Berlin, von wo er 1972 geflohen war, angetrieben vom Wunsch, die DDR zu verlassen – heimlich, weil ihm die offizielle Ausreise verweigert worden war. Seine Flucht missglückte. Nach einem Jahr in Haft kam er frei, nachdem die Bundesrepublik Lösegeld für ihn bezahlt hatte. Auch dieses Erlebnis verarbeitete er in einem Buch, seinem bekanntesten: „Krokodil im Nacken“, wieder als Manfred Lenz. „Bücher helfen mit, die Welt zu verstehen“ begründete der Autor jüngst in einem Interview zu seinem runden Geburtstag. Ihm selbst war das Schreiben beides, Übersetzung und Therapie des Erlebten.

Nach 15 Jahren in Hessen zog Klaus Kordon 1988 zurück nach Berlin, wo ein Jahr später die Mauer fiel und er endlich wieder seinen Heimatbezirk und die Eckkneipe, die seiner Mutter gehört hatte, besuchen konnte. 2003 erhielt Kordon den Deutschen Jugendliteraturpreis, 2013 das Bundesverdienstkreuz, 2016 wurde er für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Fast 100 Kinder- und Jugendbücher hat er in den vier Jahrzehnten veröffentlicht, seitdem er seinen Beruf als Groß- und Außenhandelskaufmann an den Nagel hängte.

Fotos, Cover-Abbildungen: Wikipedia (1) // Beltz-Verlag