Der Vorlesefrisör
Danny Beuerbach ist in München-Schwabing schon eine richtige Marke. Er ist der Vorlesefrisör, der, wenn er nicht im Salon steht und Kunden die Haare schön macht, seine Zeit – und sein Handwerk – Kindern widmet. Dabei kommen Bücher zum Einsatz: Sitzt ein Kind auf dem Frisierstuhl oder einem baugleichen Hocker, der in Corona-Zeiten schonmal unter freiem Himmel auf einem Teppich im Englischen Garten plaziert wird, darf es Danny aus einem mitgebrachten Buch vorlesen. Und bekommt dafür Rabatt auf den neuen Schnitt. Mit dieser Idee will Danny Mädchen und Jungen für Bücher begeistern. Was ihm das bringt? Er lernt ganz viele neue Geschichten kennen.
Hallo Danny, welches Buch hast du gerade vorgelesen bekommen?
Danny Beuerbach: Olle Minza. Es handelt davon, wie schlecht Menschen oft mit Tieren umgehen, sobald diese alt sind. Die Tiere wehren sich und am Ende gewinnen sie. Das Buch ist positiv, ein bisschen rebellisch, hat liebenswerte Figuren und ist an das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ von den Brüdern Grimm angelehnt. Die waren Hessen wie ich!
In deiner hessischen Familie wurde bestimmt viel vorgelesen?
Ich muss zugeben, bei uns wurde wenig (vor-)gelesen, aber viel getanzt. Ich bin in einer sehr musikalischen Familie aufgewachsen. Jeden Tag lief Musik. Das prägt mich bis heute.
Warum bist du Friseur geworden?
Ich mag Mode und Trends. Am meisten aber fasziniert mich, Frisuren zu erschaffen. Ich bezeichne mich als einen Handwerker, Lieblingsmaterial: Haar.
Wenn du deinen Einsatz in der Leseförderung beschreibst, was sagst du? Ich bin der Vorlesefriseur?
Genau! Diesen „Namen“ benutze ich am liebsten. Den mögen die Kinder, er klingt spannend fast schon magisch.
Erzähl doch mal, wie du zu deinem tollen Ehrenamt gekommen bist!
Ich mache das seit einem Jahr. Die Idee hatte ich schon länger. Aber ich habe das Rad nicht neu erfunden: Das Ritual des Vorlesens beim Besuch des Friseurs oder Barbiers gab es schon vor 300 Jahren.
Wenn Eltern und Kinder zu dir in den Salon kommen, wissen die, dass du Vorlesefriseur bist, oder gibt es welche, die total überrascht sind?
Mittlerweile kommen immer mehr gezielt zu mir, weil sie davon gehört haben.
Machst du das Vorlesen beim Haareschneiden jeden Tag oder gibt es spezielle Wochentage?
Prinzipiell jeden Tag. Jedoch arbeite ich in einem Salon, bei dem überwiegend Frauen die Stammkunden sind, also weniger Kinder.
Harry Potter kam erst einmal dran
Welches Buch wird am meisten vorgelesen – Harry Potter?
Harry war erst einmal dran! Öfter dran waren „Mein Lotta leben“ und „Gregs Tagebuch„.
Kannst du überhaupt Haareschneiden, wenn dein „Modell“ ins Buch guckt? Klar kann ich, mache ich sogar am liebsten. Dann sind alle konzentriert.
Stell dir vor, jemand liest ein spannendes Buch vor. Du bist mit Haareschneiden fertig, willst aber unbedingt erfahren, wie die Geschichte weitergeht. Was nun?
Ich kaufe mir das Buch.
Wie lange brauchst du selbst, um morgens deine Haare zu stylen?
Einmal richtig schütteln, fertig. Vier Sekunden.
INFO: Danny Beuerbachs Leseförderungsaktion Book a look and read my book (übersetzt etwa: Wähle einen Haarschnitt und lies mein Buch) gibt es wochenendes auch in Buchhandlungen oder Bibliotheken. Die Termine gibt er in der Regel auf seinem Instagram-Profil bekannt. Danny freut sich, wenn ihm Kollegen und Mitstreiter dabei helfen, die Idee zu verbreiten und „salonfähig“ zu machen. Seine Geschichte ist auch als Erstlesebuch bei Ravensburger erschienen, illustriert von Patrick Wirbeleit.
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