Stoffe

Der macht was – verlegen!

Ein Kinder- und Jugendbuchverleger kann was ab. Der kann auch auf den Stufen einer Treppe sitzen, wenn alle anderen Sitzplätze am Wasser belegt sind. Der Ausblick von den Steinen ist nicht minder schön, die Sonne scheint dorthin, und prompt zieht ein walgestaltiger Ausflugsdampfer vorbei, den Karim Pieritz aus seinem Heimathafen in Berlins Norden kennt. Er ist hier im Südosten der Stadt in guter Gesellschaft.

Den Vormittag hat der Reinickendorfer auf der Messe BuchBerlinKids verbracht, die nach zwei Jahren Pandemiepause wieder real stattfindet. Die Lesungen, sagt er, sind das Highlight seines Autoren- und Verlegerdaseins.

Karim Pieritz präsentiert seinen Verlag auf der BuchBerlinKids im FEZ.

Am Morgen hat er sich mit den Kids „Die Jagd nach dem geheimnisvollen Rollsiegel“ vorgenommen, eine Abenteuergeschichte für junges Publikum ab zwölf Jahren. Titelheld John muss besagtes Siegel finden und damit einer Mitschülerin das Leben retten. Tropfsteinhöhlen, Vollmondrituale und das Schulleben auf einem Internat in bester Enid Blyton-Tradition bestimmen die lebhafte Kulisse des Buches, zugleich Auftakt einer Trilogie. 2021 ist deren dritter Band erschienen. Bislang, sagt Karim Pieritz, sei es „das größte literarische Ding“ gewesen, das er gewuppt habe. Ein neues Projekt ist aber schon im Werden, wenngleich ohne John, Pieritz‘ „Buch-Zwilling mit Handy“. Im Gegensatz zur seinem jüngeren Ich ist der Autor noch in Zeiten analoger Kommunikation aufgewachsen, im Berlin der 1980er Jahre.

In Gesellschaft von Tom Gates und Captain Underpants lässt es sich prima aushalten.

Das Geburtsdatum im Ausweis kann man vernachlässigen. Karim Pieritz hat nicht nur eine jugendliche Stimme, kein Problem damit auf Treppen zu sitzen und kennt sich – als ITler und Vater eines 14-jährigen Sohnes – mit Computerspielen aus, er ist auch erprobt im Improvisieren. Als 2012 keiner der etablierten Verlage sein erstes Manuskript – ein Kinderbuch – ins Programm aufnehmen wollte, lancierte der Diplom-Ingenieur kurzerhand seinen eigenen Verlag. „Ich beschloss, mein Buch selbst zu verlegen. Beim Kauf der ISBN-Nummer fiel dann der Satz: ,Wenn Sie ein Verlag wären, könnten Sie ISBN-Nummern im Paket kaufen.'“ Der Rest ist Geschichte. Seit 2015 verlegt er auch die Titel schreibender Kolleginnen und Kollegen wie der Spandauer Krimi-Connection. Längst ist das Programm beim Zwischenbuchhandel gelistet, dem so genannten Barsortiment, wo wiederum der stationäre Buchhandel seine Bestände bezieht. Bis 2020 arbeitete Karim Pieritz Teilzeit in der IT, dann machte er sich selbständig. „Mein Verlag ist mir wichtig. Es ist eben nicht die normale Maloche.“ Die schwebte ihm so eigentlich nie vor. Spaß am Umgang mit Sprache hatte er schon immer, plus ein Faible fürs Parodieren, das in Pieritz‘ lakonisch-humorigem Erzählton weitaus häufiger durchkommt als etwa sein Berliner Akzent. „Aber als Comedian zu bestehen, davor hatte ich dann doch Respekt.“

Der Zufall in Gestalt eines Vertretungslehrers brachte den damaligen Fünftklässler zum Schreiben. „Während er Aufsicht in der Klasse hatte, sollten wir eine Geschichte schreiben. Thema egal.“

„Ich legte also mit Schreiben los und musste feststellen, das machte Spaß. Die Geschichte endete so, wie ich es wollte.“

Karim Pieritz über seine ersten 30 Seiten als „Autor“ in Klasse 5

30 Heftseiten später war die Tinte im Füller alle, die Stunde vorbei, die Geschichte wurde eingesammelt. Ende offen. „Ich habe inzwischen vergessen, worum es ging.“ Die Begeisterung fürs Erzählen aber blieb. Seit ein paar Wochen ist Karim Pieritz sogar Weltrekordhalter. Er war Teil des Berliner Vorlesemarathons zum Welttag des Buches.

Fotos: privat