Buch-Blind Dates, Stoffe

Bereit für die Bühne

Auf dem Blind-Date-Buch war der Titel abgeklebt, der auf der Abbildung einer nachempfunden Eintrittskarte steht. Ich hätte das Buch wegen des Dschungels sicher in die Hand genommen, weil er mich an die Illustratorin Kat Menschik erinnert. Deren Bilder mag ich sehr.

Als Blind-Date-Buch-Neuling schaue ich mich nach dem Lesen um, was andere so schreiben. Bei einem Online-Buchhändler war das Buch in der Kategorie Jugendbuch – ab 14 Jahren – Liebesromane gelandet. Ein Liebesroman? „This will be funny someday“ lautet der englische Originaltitel. Er steht wie hineingeschnitten auf einer realistischen Abbildung einer Bananenschale, die nur umgeben ist von einer alarmroten Hintergrundsfläche. Finde ich auch nicht uninteressant. Man hätte auch bei der Übersetzung bleiben können. Der veränderte, gereimte Titel „Im Dschungel um acht, bis einer lacht“ kommt locker rüber, weckt Neugier und erweist sich im Nachhinein als eine gute Idee. Ich frage mich nämlich: Was passiert wohl, wenn es heißen würde: “…, bis keiner lacht“? Und genau das ist eines der Themen, die das Buch durchzieht: die Angst vor dem Versagen und deren Folgen. Und da muss ich an die Bananenschale als Symbol für unfreiwilligen Pannen und der gefürchteten Schadenfreude denken. Derselbe Online-Händler legt hier die Buchkategorie anders fest: „Englische Bücher – Kinder- & Jugendbücher – Musik & Kunst – Kunst“. Kunst? Für einen Teil des Buches stimme ich dem Thema Bühnen-KUNST zu. So viel zu Kategorien. Ich bin irritiert.

Anka Rahn leitet die Boris-Pfeiffer-Schulbibliothek der Karl-Sellheim-Schule Eberswalde. Foto: privat

400 Seiten erzählen die Geschichte eines amerikanischen Mädchens aus wohlhabendem Hause, das sich von ihren Eltern und Geschwistern unverstanden fühlt. Dem Satz „Ich denke:...“ folgt zunächst immer ein „Ich sage: Nichts.“ Diese häufig wiederholte Satzkombination beschreibt anschaulich Isabels lange andauernde Schüchternheit. Irgendwann wird aus dem Nichts eine laut ausgesprochene Meinung. Ursache für Isabels Hemmungen war unter anderem vermutlich ihre eingeschränkte Hörfähigkeit und die damit verbundene lückenhafte Wahrnehmung von Vorträgen und Gesprächen. Das ist ein Aspekt, der unaufdringlich und darum gut beschrieben ist, und das Buch empfehlenswert macht für Jugendliche meiner Schule, in der es sogenannte HÖG-Klassen (Förderschwerpunkt Hören) gibt.

Gern nimmt Isabel die Hilfe ihres Freundes an und passt sich mehr und mehr seiner ununterbrochenen Fürsorge an. Es dauert etliche Episoden mit alten und neuen Freundinnen, bis sie zu begreifen beginnt, dass dessen Bevormundung ihr mehr schadet als hilft. Das ist die Liebesgeschichte, die Beziehung, die zur Kategorie „Liebesroman“ geführt hat. Es geht meiner Meinung nach jedoch um viel mehr. Es geht um eine Sechzehnjährige, die zufällig mit einer zunächst unfreiwilligen Schummelei bezüglich des Alters in einen studentischen Bühnenwettbewerb hineinrutscht und bald Gefallen findet am Kreieren eigener Texte und dem Vortragen als  Stand-up-Comedian in Kneipen und Bars. Das Mädchen verändert sich durch die Menschen, denen sie dadurch begegnet. Ihre Darbietungen schießen manchmal über das Ziel hinaus. Die Verwicklungen und Probleme, die sich daraus ergeben, sind spannend erzählt. Der Schluss lässt die bis dahin fesselnde Geschichte in übertriebenen Sonnenschein enden – Kategorie „typisch amerikanisch“?

Meine persönliche Kategorie: Ein Buch, dessen Geschichte beim Erwachsenwerden helfen kann –  empfehlenswert für Langstrecken-Leserinnen ab 14.

Von Anka Rahn