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Der Junge vom Rübenhof

250 Jahre Beethoven – dumm gelaufen. Der Geburtstag muss in diesem Jahr ausfallen – eigentlich unerhört. Noch ein Grund, den gebürtigen Bonner erst recht zu feiern. Mit 10 Dingen über ihn, die bei den Kinderreportern hängegeblieben sind.

#1 Der Familienname van Beethoven bedeutet „vom Rübenhof“. Ein Hinweis, dass die Vorfahren Bauern waren. Ludwigs Großvater Ludwig, nach dem er benannt wurde, stammte aus dem flämischsprachigen Teil Belgiens, Flandern. Er war jedoch schon kein Bauer mehr, sondern Musiker. Nicht irgendeiner, er war Hofkapellmeister des Kurfürsten Maximilian in dessen Residenzstadt Bonn. Beethovens Vater Johann nahm die Familientradition musikalischer Berufe als Sänger auf, war aber nicht so erfolgreich. Deshalb setzte er alles daran, aus seinem Sohn den nächsten großen Pianisten zu machen. Das klappte. Trotzdem ließ es sich Ludwig nicht nehmen, als Junge einiges anzustellen. Ein Beispiel: Mit seinem Bruder Kaspar fing er den Hahn des Nachbarn und brutzelte ihn überm Feuer – heimlich. 

#2 Bonn ist Beethovens Geburtsstadt, obwohl sein Name mehr mit Wien in Verbindung gebracht wird. In Wien feierte Ludwig die größten Erfolge und hat dort die längste Zeit seines Lebens verbracht. Doch dürfte er seine Vorliebe für gutes Essen in Gesellschaft und den Wert von Bildung in Bonn mitbekommen haben. Beethoven studierte in Bonn und stand mit den Freunden seiner Jugend ein Leben lang in engem Kontakt. Als 22-Jähriger zog er nach Wien.  

Wohnzimmerkonzerte sind keine Erfindung des 21. Jahrhunderts! Ludwig von Beethoven nutzte private Auftritte gerne, um sich etwas Geld hinzuzuverdienen.

#3 Hätte es damals schon soziale Medien gegeben, Beethoven hätte alle Kanäle von Wolfgang Amadeus Mozart abonniert. Er wollte unbedingt Mozarts Schüler werden. Geklappt hat es nicht. 16-jährig durfte er nach Wien reisen und Mozart angeblich vorspielen, jedoch gibt es keine Aufzeichnungen, die das Treffen belegen. Vielleicht also Fake News. Sicher ist: Unterrichtet hat ihn der nicht weniger prominente Joseph Haydn.

#4 Noch einer, dessen Wirken Ludwig faszinierte, war General Napoleon Bonaparte. 1789 brach die Französische Revolution aus und auch in Wien erhoben sich die Stimmen, das Volk mitreden zu lassen. Beethoven gefielen die Veränderungen sehr. Erst als Napoleon größenwahnsinnig wurde, halb Europa eroberte und sich zum Kaiser krönte, machte er Schluss mit dem Fan-Kult. Seine dritte Sinfonie, die er Napoleon gewidmet hatte, benannte er um. Seitdem heißt sie nur Heldensinfonie („Eroica“). Auf Napoleon war Ludwig fortan schlecht zu sprechen. Auf Goethe übrigens auch, weil der sich beim Adel einschleimte. Trotzdem vertonte Ludwig Goethes Texte. Nicht verwechseln: Das Gedicht des Europaliedes, die berühmte „Ode an die Freude“, ist von Friedrich Schiller.  

#5 Seine Köchin bewarf Ludwig gelegentlich mit rohen Eiern. Nicht aus Ärger über das zubereitete Essen, sondern nachdem er – durch Riechen – getestet hatte, ob die Eier gut waren oder schon faulig rochen. Im 19. Jahrhundert gab es noch keine Kühlschränke und kein Verfallsdatum, da musste man bei Lebensmitteln gut aufpassen. Dafür gab es schon einfache Kaffeemaschinen, eine solche besaß auch Beethoven und nutzte sie liebend gern. Sein Lieblingsessen waren Makkaroni mit Käse. Ludwig aß gerne in Gesellschaft, er lud Gäste nach Hause ein oder ging ins Gasthaus.

Ein guter Gastgeber muss der Komponist auch gewesen sein. Gerne empfing er Freunde zu Hause und aß in Gesellschaft. Im Hause Beethoven gab es bereits eine Kaffeemaschine.

#6 An seinen jüngeren Brüdern hing der Komponist sehr, obwohl sie, wie alle Geschwister, auch stritten, dass die Fetzen flogen – noch als Erwachsene. Kaspar wurde Finanzbeamter, Johann Apotheker. Mit Musik hatten beide nichts am Hut. Johann erwies sich als guter Geschäftsmann und konnte von seinem Ersparten ein großes Haus mit noch größerem Grundstück kaufen, ein Gut. Seine Briefe unterschrieb er stolz und ein wenig angeberisch mit „Johann van Beethoven, Gutsbesitzer“. Sein ältester Bruder fand das affig und antwortete mit „Ludwig van Beethoven, Hirnbesitzer“. Nachzulesen sind die Briefe im Beethovenhaus in Bonn.

#7 Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung. Den Spruch hätte Beethoven machen können. Er ging täglich an die frische Luft, auch bei Regen, Wind und Kälte. Berichte seiner Wiener Zeitgenossen nahmen zahlreich Bezug auf Ludwig, der, im Mantel mit hochgeschlagenem Kragen, durch Pfützen stapfte. Allein. Das kommt uns im Pandemie-Jahr 2020 bekannt vor. 

#8 Der ernste Gesichtsausdruck des Musikers auf den meisten Porträts entsprach dem Zeitgeist. Auf Bildern zu lachen, war damals unüblich. Dass es Tage gab, an denen Beethoven wirklich unglücklich war, lag an seiner zunehmenden Taubheit. Forscher vermuten, dass er sein Gehör als Spätfolge einer Typhuserkrankung verlor. Die moderne Medizin hätte ihm helfen können. Vor 200 Jahren musste er sich selbst helfen, etwa, indem er am Klavier einen Holzstab zwischen die Zähne klemmte, um die Schwingung der Töne zu spüren.

#9 Ludwig blieb ledig, obwohl er Heiratsanträge machte (die von den Damen abgelehnt wurden), Liebesbriefe schrieb oder Stücke für seine Angebeteten komponierte. Unsterblich machte er seine Bonner Jugendfreundin und Seelenverwandte Eleonore von Breuning, sie wurde Vorbild für die Hauptrolle in seiner einzigen Oper „Leonore“. Später nannte er sie um in „Fidelio“, die Heldin blieb Leonore trotzdem.  

Beethoven hat Musikschülern heute einiges zu sagen: Wie inspirierend es sein kann, Stücke neu zusammenzusetzen und gegen den Strich zu bürsten zum Beispiel. Hat er selbst so gemacht.

#10 In der klassischen Musik hat Beethoven so einiges umgestrickt und erneuert: Das Zusammenspiel von Instrumenten in veränderter Abfolge angewandt, Sinfonien mit Chor komponiert, Stücke ungewöhnlich zusammengesetzt und Musik so zu einem inspirierenden Erlebnis werden lassen. Nicht zufällig bezogen sich US-Musiker in den 1950er Jahren beim Rock n‘ Roll darauf und forderten: „Roll over, Beethoven“ („Komm auf unsere Seite, Beethoven“). Obwohl seine neunte Sinfonie die bekannteste sein dürfte, am häufigsten aufgeführt wird die fünfte („Ta-ta-ta-taaa“). Als der Komponist am 26. März 1827 starb, hinterließ er über 200 Werke.

In Ludwig van Beethovens Geburtshaus in Bonn, das netterweise auch noch die Adresse Bonngasse 20 hat – leicht zu merken – ist die Lebensgeschichte des Komponisten nacherzählt, auch in einer Version für Kinder. Von dort stammen die Abbildungen, ausgenommen das mit den Kindern am Klavier. Es ist von Silke Brix aus dem Buch „Königsfloh und Tastenzauber“ für Kinder ab 8 Jahren, erzählt von Marko Simsa. Reinhören kann man hier.