Der Sapiens der Superlative
Menschen sind ziemlich mächtig geworden in den vergangenen 40.000 Jahren. Unsere Vorfahren haben sich Werkzeuge und Waffen ausgedacht. Sie brachten es fertig, Feuer zu entfachten und es mit einer Fackel zu transportieren. Sie nutzten es, um Nahrung zuzubereiten. Und dann haben die Menschen gelernt, sich miteinander zu verständigen. Durch Sprache, durch Erzählungen entstand Gemeinschaft. Wissen wurde weitergegeben und gespeichert. Die Gemeinschaft teilte sich Aufgaben und bestimmte Regeln. Das ist, was uns ausmacht. Diesen langen Prozess des Lebens so zusammenzufassen, dass man weder gelangweilt ist, noch aussteigt, ist dem israelischen Autor Yuval Noah Harari gelungen. Für Erwachsene hat er bereits „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ geschrieben und diese nun für junge Leserinnen und Leser als „Wie wir Menschen die Welt eroberten“ bearbeitet.
Der Anlass, das Buch zu schreiben, ist kein so guter, lässt Harari am Anfang durchblicken: Die Menschengemeinschaft hat es übertrieben mit ihrer Begeisterung, zu herrschen und zu besitzen. Der Klimawandel bedroht alle Lebewesen auf der Erde, ein beispielloses Artensterben hat bereits eingesetzt, jeden Tag (!) verschwinden 150 Arten für immer, das geht so schnell wie zuletzt, als die Dinosaurier ausstarben. Die Mahnung zieht sich aber nicht durch, was gut gelöst ist, denn das Buch will das, was die Menschen erreicht haben, nicht niedermachen. Der Sapiens ist ein Mensch der Superlative. Heißt: Er hat sich sein Leben lang, solange es Menschen gibt, immer gesteigert.
Nachdenken darüber, was Leben wert ist und dass alles Vorankommen Folgen hat oder auf Kosten anderer geht (hier erklärt am Beispiel des Neandertalers, der gegen den klügeren und besser ans Leben angepassten Homo Sapiens „verloren“ hat), ist aber gesetzt. Ungewöhnlich und schön ist auch, dass sich Yuval Noah Harari darauf bezieht, dass unsere Vorfahren das, was sie sich nicht erklären konnten, mit ihrem Glauben vereinbart haben: Man muss nicht immer alle Geheimnisse ergründen, auch das ist eine Lektion des Lebens.
Das Zeitalter des Homo sapiens (aus dem Latenischen übersetzt heißt es „vernunftbegabter Mensch“) kann man in Europa und auch in Deutschland anhand archäologischer Funde gut nachvollziehen. Vor etwa 20.000 Jahren mussten die Menschen schon einmal einen gewaltigen Klimawandel aushalten, die Eiszeit. In Baden-Württemberg (auf der Schwäbischen Alb) haben Forscher in Höhlen Schätze aus dieser Zeit entdeckt, Schmuck, geschnitzte Figuren, sogar (einfache) Musikinstrumente. Eine solche Höhle besichtigt der Junge Fred Reinhart mit seinen Eltern, als Felszeichnungen zum Leben erwachen. Sie schicken ihn auf Zeitreise – prompt steht er den Geschwistern Bo und Lu gegenüber. Der Junge ist aber schon ein Profi beim Zeitreisen, denn „Fred in der Eiszeit“ ist sein siebtes Abenteuer. Bo ist ein wenig älter als Fred und steht kurz davor, in die Gemeinschaft der erwachsenen Stammesmitglieder aufgenommen zu werden. Das heißt, er darf jagen. Seine Familie erwartet den großen Moment mit gemischten Gefühlen, denn Bos Cousin Roa hat sich zu früh zur Jagd aufgemacht – und kam nicht zurück. Das soll sich keinesfalls wiederholen. Doch dann kommt der Moment schneller, als Bo – und Fred – lieb ist.
Spannend ist die Begegnung mit dem Löwenmenschen, einem Schamanen, der als geschnitzte Kultfigur ebenfalls auf der Schwäbischen Alb gefunden wurde. Parallel zur Geschichte laufen Wissensseiten durch das komplette Buch, die Begriffe und Zusammenhänge erklären, soweit die Wissenschaftler das Leben des Homo Sapiens selbst deuten können. So erfährt man auch, dass ein Archäologe die Figur des Löwenmenschen nachgeschnitzt hat, und zwar mit Werkzeugen aus der Steinzeit. Nach 360 Stunden war sie fertig!
Illustrationen: Richard Zaplana Ruiz (Harari) / Karl Uhlenbrock (Fred)
Die Lesefüchse (Kinderreporter Klasse 4) haben „Wie wir Menschen die Welt eroberten“ gelesen. Die Lesedetektive (Klasse 5) stellen „Fred in der Eiszeit“ vor. // Die Menschheitsgeschichte von Yuval Noah Harari für junge Leserinnen und Leser wird einmal vier Bände haben, die nach und nach erscheinen.
Beide Bücher sind auch als Hörbücher erschienen, und (fun fact) die Erzähler werden von Sprechern der „Drei ???“ gelesen! „Wie wir Menschen die Welt eroberten“ von Oliver Rohrbeck, „Fred in der Eiszeit“ von Andreas Fröhlich.