Lesefördernde, Stoffe

Mein lieber weißer Fleck!

Ist Bloggen Leseförderung? Ja, wenn es zum Lesen motiviert. Nein, weil es zeitlich begrenzt ist. Bücher, deren Titelhelden Tagebuch führen und die auf diese Weise Geheimnisse (mit-)teilen, sind beliebter und erreichen hohe Auflagen. Warum? Weil sich ihre Inhalte nicht so schnell tot laufen wie ein digitales Format. Manchmal liegt das aber in der Natur des Themas.

2017 erschien eine US-Lizenz in deutscher Übersetzung, die rein aus Blog-Inhalten bestand. Ein Versuch, der virtuellen Ebene durch ein Buch Gewicht zu verleihen. Er lief gut, würde mittlerweile aber nicht mehr 1:1 funktionieren, auch nicht mehr mit dem sperrigen Titel: „Ich wollte nur, dass du noch weißt.“

Blogautorin Emily Trunko: Das virtuelle Tagebuch hat seinen Zweck erfüllt. Foto: Loewe-Verlag.

Zwei Jahre zuvor hatte die Autorin, Emily Trunko aus Ohio in den USA, Grund zu Liebeskummer gehabt. Was unausgesprochen blieb zwischen ihr und ihm, richtete die damals 16-Jährige – stellvertretend – an den Blog DearMyBlank! (übersetzt: „Mein lieber weißer Fleck!“). So, als würde sie den Brief an ihren Schwarm richten – ohne die Zeilen allerdings abzuschicken. Schnell wurde Dear MyBlank ein öffentliches Tagebuch, voller Nachrichten, die ihre Absender zwar geschrieben hatten, die aber keinen ihrer Empfänger je erreichten. Stattdessen landeten sie bei Emily. Sie veröffentlichte sie anonym. Irgendwann war der Blog so populär, dass Verlage darauf aufmerksam wurden.

Inzwischen ist Emily 20 Jahre alt und mit Rian verlobt, einem Jungen, der ihr einst eine Nachricht für den Blog einsandte. Die beiden unterhielten sich eine Weile per E-Mail und Whats App, ehe sie sich trafen. Emily Trunkos Blog gibt es nach wie vor, gleichwohl ist ihr eigenes Coming of age abgeschlossen. Das virtuelle Tagebuch hat seinen Zweck erfüllt. Die Frequenz der Einträge hat abgenommen.

In die Tagebücher anderer zu schauen, macht aber noch immer neugierig. So erklärt sich die Begeisterung für diese Titel. Die Bücher sind geheim oder es stehen Sätze darin, die in der literarischen Wirklichkeit unausgesprochen bleiben. Weil man sich nicht traut, sie zu äußern oder schon weiß, dass Reden nicht weiterhilft. Wie im echten Leben. Weil die angesprochene Person nicht mehr da ist oder in jemand anderes verliebt. Wie im echten Leben. Oder ein Promi ist, an den man nicht rankommt. Wie – genau. Deshalb sind Tagebücher in der Leseförderung gesetzt.